Wenn Sie daran denken, ein Testament zu errichten, oder sich sonst Gedanken über Ihre erbrechtliche Nachfolge machen, stellen Sie sich vielleicht auch die Frage nach Möglichkeiten, mögliche Pflichtteilsansprüchen von Nachkommen oder Partnern zu entgehen bzw diese zu umgehen. Auf den ersten Blick kommen hier zwei Möglichkeiten in Betracht, einerseits die Enterbung und andererseits die Pflichtteilsminderung.
Beachte: Beide Instrumente muss der Verstorbene letztwillig verfügt haben. Das bedeutet, der Testator muss in einem Testament eine Enterbung eines Pflichtteilsberechtigten oder die Pflichtteilsminderung anordnen. Ratsam ist es außerdem, dass der Testator die Enterbung und die Pflichtteilsminderung im Testament auch begründet.
Enterbung
Enterbung bedeutet, dass der Verstorbene einem Pflichtteilsberechtigten aus einem bestimmten Grund den Pflichtteilsanspruch entzieht.
Nach dem Gesetz kann man einen Pflichtteilsberechtigten enterben, wenn er
- gegen den Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist
- gegen den Ehegatten, eingetragenen Partner, Lebensgefährten oder Verwandten in gerader Linie, die Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder, Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten sowie die Stiefkinder des Verstorbenen eine gerichtlich strafbare Handlung begangen hat, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist
- absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat
- dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt hat
- sonst seine familienrechtlichen Pflichten gegenüber dem Verstorbenen gröblich vernachlässigt hat
- wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.
Pflichtteilsminderung
Der Pflichtteil kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Hälfte gemindert werden. Erforderlich ist, dass der Verstorbene und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit oder zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Verfügenden nicht in einem Naheverhältnis standen, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich besteht.
Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht aber (als Gegenausnahme) dann nicht zu, wenn der Verstorbene den Kontakt grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben hat.
Fazit
Beide Instrumente sind im Einzelnen sehr komplex, viele damit zusammenhängende rechtliche Fragen sind hier noch nicht abschließend geklärt. Sollten auch Sie nach Möglichkeiten suchen, möglichen Pflichtteilsansprüchen durch Enterbung oder Pflichtteilsminderung entgehen zu wollen, vereinbaren Sie jederzeit gerne einen Termin mit uns. Dr. Lena Kolbitsch-Franz, Rechtsanwältin für Erbrecht, berät sie gerne zu diesen oder anderen erbrechtlichen Fragen.