Ein rechtskräftig zugesprochener Bruttobetrag im Zivilprozess ist nicht immer endgültig. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt Art XII Z 3 EG-UStG der unterlegenen Partei das Recht, die enthaltene Umsatzsteuer von der Gegenseite zurückzufordern. Dieser Beitrag erklärt diesen Rückersatzanspruch.
Grundidee: Warum es den Rückersatzanspruch gibt
Im österreichischen Zivilprozess gilt vereinfacht gesagt: Wer verliert, zahlt. In einem Schadenersatzprozess muss somit grundsätzlich der obsiegenden Partei den geltend gemachten Schaden und die gegnerischen Anwaltskosten zahlen. Diese Beträge spricht das Gericht grundsätzlich brutto, also inklusive Umsatzsteuer, zu.
Ist die obsiegende Partei Unternehmerin, ist zu berücksichtigen, dass sie in Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen kann. Wenn die obsiegende Partei einerseits brutto ersetzt wird und andererseits die darin enthaltene msatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann, ist sie wirtschaftlich überkompensiert.
Hier setzt Art XII Z 3 EG-UStG an. Die Bestimmung sorgt dafür, dass die obsiegende Partei zwar den vollen Ersatz erhält, sich aber nicht an der Umsatzsteuer „bereichern“ kann.
Vereinfacht gesagt:
- Im Hauptverfahren spricht das Gericht den Bruttobetrag zu.
- Nachträglich kann die unterlegene Partei den Umsatzsteueranteil zurückfordern, wenn die obsiegende Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Beispiel: Reparaturkosten einer Maschine
Eine Unternehmerin A betreibt ein Produktionsunternehmen. Durch ein Fehlverhalten des B wird eine Maschine beschädigt. Ein Reparaturunternehmen stellt A wie folgt in Rechnung:
- Reparaturleistung: EUR 10.000,00
- Umsatzsteuer (20 %): EUR 2.000,00
- Gesamtbetrag: EUR 12.000,00
A klagt B auf Schadenersatz. Das Gericht spricht A im Zivilverfahren Schadenersatz in Höhe von EUR 12.000,00 zu.
Ist A als Unternehmerin vorsteuerabzugsberechtigt, kann sie die in der Reparaturrechnung enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von EUR 2.000,00 als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen. Ihre tatsächliche wirtschaftliche Belastung durch den Schaden beträgt daher nur EUR 10.000,00.
A wird somit um EUR 2.000,00 besser gestellt, als sie tatsächlich belastet war. Diese Überkomensation ist nicht gewollt. Nach Art XII Z 3 EG-UStG steht daher B ein Rückforderungsanspruch in Höhe der Umsatzsteuer zu. B kann von A die EUR 2.000,00 zurückfordern, obwohl das Urteil im Schadenersatzprozess bereits rechtskräftig ist.
Wichtig: Entscheidend ist die Vorsteuerabzugsberechtigung von A, nicht die Frage, ob sie den Vorsteuerabzug tatsächlich ausgeübt hat. Ein auch „bloß möglicher“ Vorsteuerabzug löst den Rückersatzanspruch aus.
Die gleicher Systematik gilt im Zusammenhang mit dem Ersatz der Vertretungskosten. Das Gericht spricht der obsiegenden Partei die tarifmäßigen Anwaltskosten inklusive Umsatzsteuer zu, die unterlegene Partei ersetzt diesen Bruttobetrag, hat aber kein Vorsteuerabzugsrecht, weil der Anwalt sein Leistung nur gegenüber seiner Mandantschaft – der obsiegenden Partei – erbringt. Ist die obsiegende Partei Unternehmerin, liegt potentiell wieder eine Überkompensation vor, die nach Art XII Z 3 EG-UStG über einen Rückersatzanspruch zu korrigieren ist.
Fazit
Art XII Z 3 EG-UStG stellt sicher, dass zwar weiterhin Bruttobeträge zugesprochen werden, eine doppelte Entlastung über die Umsatzsteuer aber vermieden wird, indem die unterlegene Partei den Umsatzsteueranteil von einer vorsteuerabzugsberechtigten obsiegenden Partei zurückverlangen kann.